Wir müssen passiv werden, damit unsere Kinder aktiv werden können.   -Maria Montessori

Ich bin großer Fan, der Gedankenwelt der Maria Montessori. Schon als Lehrerin und erst recht jetzt als Mama. Kinder in ihrem Wesen erkennen und sie danach leben lassen, finde ich so wichtig für eine gesunde Zukunft. Das eigenständige Denken und Tun ist dabei eine Grundkompetenz, aber wir nehmen den Kindern immer mehr ab, muten ihnen weniger zu. Oft muss es einfach nur schnell gehen und bei Kindern ist  „schnell“ keine wichtige Kategorie. Das versuche ich im Alltag zu leben, im Urlaub ist es eine besondere Herausforderung, von der ich im Blogartikel überlicksartig berichten möchte.

 

Erreichbarkeit und Ordnung

zwei Grundlagen

Zum „Selbstaufbau“ eines Menschen spielt für Maria Montessori die „durchwaltete Kulturumgebung“ eine entscheidene Rolle. Diese sollte zu „beherrschter Bewegung und zu tätiger Auseinandersetzung locken“. Das Kinderzimmer ist bei uns so gestaltet.  Alles, was meine Tochter braucht, ist erreichbar. Bücher, Magnete, Steckwürfel, Bausteine, Puppen…dabei muss gar nicht alles am Boden liegen, denn je nach Größe wandert das Spielzeug, mit dem sie meistens spielt, etwa auf die Augenhöhe. D.h. die Tafel wird auch mal nach oben verschoben, ebenso wie die Regale mit den Büchern oder die Bilderleiste. Sie kommt an alles ran, ohne mich darum bitten zu müssen und sie weiß auch, wo sie alles findet. Das heißt natürlich, dass ich oft aufräumen und wir das auch schon zusammen anbahnen, aber so ist sie von Anfang an gewöhnt, sich ihre Sachen selbst zu organisieren und eine strukturierte Sicherheit in ihrer Umgebung zu haben. Im häuslichen Umfeld also machbar, aber im Urlaub?

Der Mensch offenbart seinen wahren Charakter in seiner freien Entwicklung.

Maria Montessori

Vertrautes in unvertrauter Umgebung

Da auf dem Weg und am Urlaubsort eine Vielzahl an neuen Reizen auf unsere Kinder einprasseln, können bekannte Gegenstände ein Anker sein. Ein Hafen, an den sie nach einem Tag voller Eindrücke zurückkehren, um runterzufahren. Sich zu sammeln, sich wieder mit sich selbst zu verbinden. Sie können diese Bedürfnisse noch nicht äußern, brauchen sie aber. Jeder entspannte Abend, der nach einem vollen Tag friedlich endet, zeigt mir das. Die „Hafenzeit“ ist ein Grundbestandteil unserer Urlaube, auch, wenn ich nach dem Abendessen ein gemütliches Glas Wein im Restaurant trinken würde, hätte ich mit einem „platten“ Kind keine Freude daran. Also eher frühzeitig ins Hotel, um dort die vorbereitete Umgebung mit bekannten Gegenständen zu bespielen. 

Wie funktioniert das?

Für den ganzen Urlaub sind die verschiedenen Spielzeuge in „Thementaschen“ verpackt. In einer Tasche sind kleine Figuren und Tiere, die auch schnell mit ins Restaurant genommen werden können. In einer Tasche sind Sticker und Klebezettel, die ausdauernd verteilt und umgeklebt werden. In einer Tasche sind Stifte und eine Schere und eine Tasche ist für kleines Buddelspielzeug, wasserabenweisend, falls nass. Die Taschen sind für jeden Urlaub von außen gleich, sodass meine Tochter langsam weiß, was wo drin ist. Wenn wir im Hotel sind, suche  ich als erstes einen kleinen Tisch oder ein Regal und drapiere alles sichtbar und ansprechend, dann kann sie schon mal spielen, hat ihre „Anker“ und ich kann in Ruhe auspacken.

 

Auf allen Ausfflügen nehmen ich die Taschen mit, sodass sie auch zwischendrin zur Ruhe kommen kann, denn sie „locken zu beherrschter Bewegung und zu tätiger Auseinandersetzung. Dadurch kommt es zur meditativen Konzentration.“

Ein Kind möchte nicht seinen Willen verteidigen, sondern die Welt erobern- Sarén Jürgens  

 

Da ich im darum weiß, war mir klar, dass sie bei dem Anblick von Wasser auch gern damit spielen möchte. Wir waren aber im März im Urlaub, es war also nur dezent warm. Um dem Bedürfnis dennoch nachgehen zu können, hatten wir die Montur dabei, die den Strand zu einer „Ja-Umgebung“ gemacht hat. Im Gegensatz zur Cousine, die ständig ermahnt wurde, sich nicht nass zu machen, konnte meine Tochter ganz versunken mit Steinen und Muscheln, dem Sand und den Wellen am Ufer spielen. Was sie auch völlig befriedrigt tat. Schon Maria Montessori stellte fest: „Vielleicht wird man Kindern erlauben, sich mit Wasser zu vergnügen, aber nicht zu viel, denn Sand und Wasser machen schmutzig und die Erwachsenen beheben nicht gern die Folgen.“

„Die Sinne sind Kontaktpunkte mit der Umgebung.“ Und manchmal ist es auch vorteilhaft, die Kontaktfläche zu verkleinern. Auf dem wuseligen, vollen, lauten und reizüberfluteten Flughafen, saß sie in ihrem sicheren Space (im Bollerwagen) und hat einen Trickfilm geschaut. Den Ton braucht sie noch nicht unbedingt, bei größeren Kindern gingen sicher Kopfhörer dazu gut. So war sie auf einen kleinen, ruhigen, behaglichen Raum konzentriert, obwohl um sie rum das Chaos herrschte. Der Rückflug verlief ähnlich entspannt wie der Hinflug und ich war stolz  auf uns beide.

 

 

Alle Zitate im Text sind aus: Maria Montessori „Das kreative Kind“